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Im Kontext des Niger-Putsches besucht Svenja Schulz Nigeria


In Niger hat ein Anschlag an der Grenze zu Burkina Faso und Mali vor Augen geführt, wie labil der Frieden in dem westafrikanischen Land schon vor dem Putsch vor drei Wochen war. Grund dafür sind vor allem die Umtriebe bewaffneter Banden. Wie das nigrische Militär am Dienstagabend mitteilte, wurden 17 nigrische Soldaten getötet und weitere 20 Soldaten verletzt. Mehr als 100 Angreifer seien bei ihrem Rückzug „neutralisiert“ worden, hieß es in der Mitteilung, aus der der Sender Al Jazeera zitierte.

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Claudia Bröll

Politische Korrespondentin für Afrika mit Sitz in Kapstadt.

Währenddessen gingen die internationalen Bemühungen, eine diplomatische Lösung für die Rückkehr zu einer verfassungsmäßigen Ordnung nach dem Putsch vor drei Wochen zu finden, weiter. Nach einem Treffen mit dem Präsidenten des Tschads sagte der von den Putschisten ernannte Regierungschef Ali Lamine Zeine am Dienstag, er sei „offen für Gespräche mit allen Parteien“. Man befinde sich in einem „Übergangsprozess“, bestehe aber auf der „Souveränität unseres Landes“. Diplomatischen Bemühungen hatte zuvor auch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, ECOWAS, den Vorrang gegeben. Die Gemeinschaft hatte auf einem zweiten Gipfel dennoch den Aufbau einer „Bereitschaftstruppe“ angekündigt, eine Intervention sei aber nur „ein letztes Mittel“. Auffallend ist, dass international zwar weiterhin die Freilassung des festgehaltenen Mohamed Bazoum gefordert wird, aber kaum noch seine Rückkehr als nigrischer Staatspräsident.

Reise im Zeichen des Putsches

VIDEO: Schulze in Nigeria: Ringen um Umgang mit Niger
tagesschau

Von deutscher Seite ist Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch nach Nigeria gereist. Dort traf sie am Abend den Präsidenten der ECOWAS-Kommission, Omar Alieu Touray. Schulze sagte, der Besuch sei wichtig gewesen, um Optionen zu erörtern, „wie es weitergehen kann“. Im Zentrum müsse eine friedliche Lösung stehen – da sei sie sich mit Touray einig.

Die Ministerin war in ihrer Funktion als Vorsitzende der Sahel-Allianz nach Westafrika gereist. Die Sahel-Allianz koordiniert die internationale Unterstützung der fünf Sahel-Staaten Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Tschad und Niger.  Schulze will herausfinden, wie Deutschland nach dem Putsch in Niger eine Rückkehr zur Demokratie auf friedlichem Wege unterstützen kann. Schulze betonte, sie habe die Vermittlungsbemühungen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas sehr begrüßt und Touray die Unterstützung der Sahel-Allianz zugesichert. Außerdem hätten sie und Touray verabredet, in Kontakt zu bleiben und weitere Schritte abzustimmen.

Kein Geld für Putschisten

VIDEO: NACH PUTSCH IN NIGER: Staatengemeinschaft Ecowas belegen Militärmachthaber mit Sanktionen
WELT Nachrichtensender

Seit dem Putsch habe Deutschland alle Zahlungen und die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Niger ausgesetzt, teilte ein Sprecher am Mittwoch mit. „Wir müssen sicherstellen, dass deutsches Steuerzahlergeld nicht in die Hände von Putschisten kommt.“ Insgesamt würden rund 24 Millionen Euro in diesem Jahr nicht mehr nach Niger fließen. Spezielle Krisenhilfen wie die sogenannte Übergangshilfe aber würden weiter gewährt. Sie sollen eine Basisversorgung der Bevölkerung sicherstellen.

Eine militärische Intervention halten Fachleute mittlerweile für höchst unwahrscheinlich. Auch in Mali sei ein Einsatz einer ECOWAS-Truppe 2012 zunächst geplant gewesen, aber es sei nicht möglich gewesen, sie innerhalb weniger Monate aufzubauen, sagt Malte Brosig, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Witwatersrand in Johannesburg, der F.A.Z. Aus diesem Grund habe Frankreich eingreifen müssen. Ob es zur Aufstellung einer Bereitschaftstruppe für Niger komme, hänge sehr stark von Nigeria ab. „Es ist nicht denkbar, dass so etwas passiert, ohne dass Nigeria als Regionalmacht eine Hauptrolle spielt.“

Kampf gegen den Terrorismus

VIDEO: Putsch in Niger: Afrikanische Staaten stellen Einheit zum Eingreifen auf
faz

Das nigerianische Militär sei jedoch kein starker Akteur mehr wie früher, habe an Schlagkraft und Professionalität verloren, auch weil ein großer Teil der Verteidigungsausgaben durch Korruption verschwunden sei. Außerdem sei die Armee mit der Bekämpfung der Terrororganisation Boko Haram vollauf beschäftigt. Auch praktische Fragen bei der Aufstellung einer Bereitschaftstruppe wie die Finanzierung und die Logistik seien ungeklärt und schwer zu stemmen. In Nigeria und in der Region gebe es außerdem starke Widerstände. „Die Putschisten haben niemandem den Krieg erklärt, sondern eine Zivilregierung gestürzt. Da ist kein ausreichendes Interesse an einem Militärschlag vorhanden, zumal das eigentliche Problem der Kampf gegen den Terrorismus ist“, sagt Brosig. Die neue Führung in Niger habe zudem die Unterstützung der Militärregierungen in Mali und Burkina Faso. Gemeinsam könnten sie einer ECOWAS-Truppe „sehr viel Paroli bieten“.

Viel deutet aus seiner Sicht jetzt auf eine Verhandlungslösung hin. Weder die westlichen Staaten noch die Machthaber in Niger hätten ein Interesse daran, die Beziehungen komplett zu beenden, zumal Länder wie Deutschland beträchtliche Entwicklungshilfe geleistet haben. „Vielleicht werden die Uniformen irgendwann abgelegt, man einigt sich auf eine Übergangslösung und stellt sich einer Wahl, die zwar nicht ganz frei und fair ist, aber am Ende doch alle zufriedenstellt.“

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Author: Derek Reynolds

Last Updated: 1703151842

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